Die Bucht von Antalya und ihr Umland im Altertum; die isaurisch-pisidische Seenplatte/die Inner-Westanatolische Gebirgsschwelle
Pisidien
Pisidien ist der Name einer schwer zugänglichen Landschaft im westlichen Taurusgebirge, die sich zwischen der Küstenebene bei Antalya im Süden und den Seen um Burdur im Norden erstreckt. Es grenzt im Osten an Pamphylien und im Westen an Lykien. Sämtliche Straßen von pamphylischen Häfen nach Zentralanatolien führen durch Pisidien hindurch, das sich hundert Kilometer weit ins Landesinnere zieht. Bis auf wenige Ausnahmen liegen alle Städte Pisidiens an diesen Straßen, oder nicht weit davon entfernt.
Lykien und Pamphylien liegen an der Küste der Bucht von Antalya. Das von Bergen dominierte Pisidien dagegen grenzt nicht ans Meer. Ein Teil der Städte ist zwar nicht weit von der Küste entfernt, wie zum Beispiel Termessos, trotzdem kann man vom pisidischen Taurus und der dahinter gelegenen Seenplatte aus das Meer nicht sehen.
Pisidien nördlich von Antalya wird auch „Die Seenregion“ genannt, weil es neben den verhältnismäßig großen Seen, wie dem Beyşehir-, Eğirdir-, Burdur- und Salda-See, noch eine große Zahl weiterer kleinerer Seen besitzt. Um diese Seen herum begann der Mensch erstmals zu siedeln, nachdem er das Höhlenleben aufgegeben hatte. Die Bedeutung der Seen für den sagenhaften Reichtum Pisidiens und der von seiner Umgebung geformten, bewegten Geschichte ist immens. Es ist kein Zufall, dass Hacılar Höyük mit seinen Funden aus neolithischer Zeit in der Nähe des Burdur-Sees liegt.
Interessant ist auch, dass das Taurusgebirge, das die Bucht von Antalya umschließt, das nördliche Pisidien nicht von den südlicher gelegenen Landschaften Lykien und Pamphylien trennt, sondern sie sogar miteinander vereint. Das liegt daran, dass das Taurusgebirge früher wie heute Lebens- und Wirtschaftsraum sowohl für die südlich, als auch für die nördlich davon ansässigen Völker ist.
Seit tausend Jahren kommen regelmäßig Nomaden in die Region, um ihre Herden im Winter an den Küsten und im Sommer in den Bergen weiden zu lassen. Irgendwann haben manche unweit ihrer Winter-, manche unweit ihrer Sommerweiden Dörfer gegründet. Man kann diese Ortschaften der Provinzen Isparta, Burdur und Antalya eigentlich nicht unabhängig voneinander betrachten, da sie oft Gründungen ein und desselben Stammes sind, und eng miteinander verbunden sind. Möglicherweise ist das bemerkenswertere daran, dass es von frühesten Zeiten bis heute so geblieben ist.
Man darf auch die übergeordnete Bedeutung der Straßen jenseits des schlichten Transports von Waren und Menschen nicht außer Acht lassen. Zusammen mit diesen Waren und Menschen nämlich wird über die Straßen, auf denen die Güter von den Häfen in der Bucht von Antalya über das Gebirge gebracht werden, auch Kultur bewegt. Eine Straße bedeutet, ebenso wie ein transportierter Gegenstand, Unabhängigkeit, Hoffnung, Information, Kontakt. In diesem Sinne ist auch eine Straße Kultur. Straßen bewirken, dass fremde Kulturen einander kennenlernen können.
Termessos
So sind die Bucht von Antalya und die Seenplatte zwei sehr unterschiedliche Teile, die sich in ihren Lebens- und Arbeitsbereichen in jeder Beziehung ergänzen. Während die Seenplatte in historischer Zeit ihre ganz eigene Zivilisation hervorbrachte, war diejenige, die in der Bucht von Antalya aufkeimte nicht allein von der Geographie bestimmt, sondern - was vielleicht noch wichtiger ist - von den Bereichen der Arbeit und Kultur.
Das antike Pisidien, das sich mit dem Gebiet der Seenplatte deckt, hat drei Städte, die gleichermaßen eine „Torfunktion“ übernehmen: im Norden öffnet sich Antiocheia (Yalvaç), das an einem Hauptknotenpunkt liegt, nach Inner- und Westanatolien; im Osten führt
Sagalassos
Sagalassos (Ağlasun) ist eine weitere bedeutende pisidische Stadtgründung, an der Haupttrasse, welche die Bucht von Antalya über Isparta mit Zentralanatolien verbindet. Sagalassos, an der Straße nach Gordion, wurde von Alexander dem Großen nach langer Belagerung eingenommen und stark verwüstet. Dass nach Jahrhunderten noch Münzen geprägt wurden, die an diese bittere Erfahrung erinnern, zeigt deutlich, welch tiefe Spuren die Belagerung beim Volk hinterlassen hatte.
Die Werke, die bei den Grabungen in dieser pisidischen Stadt zutage kamen, riefen großes Interesse hervor. Das Bibliotheksgebäude und der antike Brunnen - erbaut von einer wohlhabenden Familie der Stadt und der antoninischen Dynastie gewidmet - der nach seiner Restaurierung wieder in Betrieb ist, beeindrucken die Besucher besonders.
Wie prachtvoll Sagalassos‘ Vergangenheit gewesen sein muss, erkennt man deutlich bei der Betrachtung des Theaters, der beiden Agoras, des Dionysos-Tempels und schon bald auch der gerade in Ausgrabung befindlichen Hauptstraße.
Neben alldem sollte man Sagalassos aber auch wegen seines grandiosen Panoramas gesehen haben. Ein ganz besonderes Erlebnis ist es, wenn man auf dem Weg hinauf zur antiken Stadt in Ağlasun, in einem der ländlichen Restaurants am Hauptplatz unter dem Schatten einer alten Platane in ursprünglicher Atmosphäre Kräutertee trinkt, eine Forelle aus frischem Quellwasser oder eine andere regionale Spezialität genießt.Selge
Selge (Zerk), nordwestlich von Side, am westlichen Hochufer des Eurymedon (Köprüçay) liegt, im Gegensatz zu den anderen pisidischen Städten, nicht an einer Hauptverkehrsader. Das hat die Stadt davor bewahrt, im Zuge von Invasionen in der Region, in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Es wird berichtet, dass die Bewohner von Selge Alexander dem Großen als Führer dienten und sich so seine Freundschaft erwarben. Man erfährt auch von den langjährigen kriegerischen Auseinandersetzungen Selges mit der Nachbarstadt Pednelissos (Kozan) Ende des 3. Jh. Vv. Chr., in denen es schließlich den Streitkräften des in Anatolien herrschenden hellenistischen Königs Seleukos unterlag und gezwungen war, hohe Steuern zu zahlen.
Die heutige Fernstraße folgt der mit erstaunlich großen Steinblöcken gepflasterten antiken Straße, die die Verbindung zwischen der Stadt Selge am östlichen Eurymedon-Ufer mit der Hafenstadt Side gewährleistete, und hinter den beiden römischen Brücken, der Oluk Köprü und der Büğrüm Köprü - letztere führt westlich des Flusses über den tiefen Gökçesu-Canyon - nach Norden aufsteigt.
Die Überreste der Stadt, die sich über drei Hügel erstreckte, lassen erkennen, dass sie von einer Mauer mit zahlreichen Türmen umgeben war. Zu besichtigen sind ein Theater, von dessen Sitzreihen ein großer Teil in den Fels geschlagen ist, das Stadion, die Agora, die Zisternen, sowie inmitten anderer Ruinen, genau zwischen den drei Hügeln, die Stoa und die Nekropole.
Neben Rafting-Touren in unberührter Natur auf dem Eurymedon, der vom Fuße Selges östlicher Erhebung zum Meer fließt, gibt es auch die Möglichkeit, Naturwanderungen zu machen, bei denen man Gelegenheit hat, das Dorfleben im Taurus kennenzulernen. Oder man kann die Tier- und Pflanzenwelt dieser Region entdecken, die zum Nationalpark erklärt worden ist. Außerdem bieten die Lokale entlang beider Flussufer Zuchtforellen und einmalige regionale Genüsse an, die sich kein Besucher entgehen lassen sollte.
Antiocheia (Yalvaç) ist eine der bedeutendsten Städte Pisidiens. Man nimmt an, dass die Stadt im 3. Jh. vor Chr. gegründet wurde, also in der Zeit der Seleukiden, die nach Alexander dem Großen Herrscher über Anatolien und Syrien waren. Ihr charakteristisches Erscheinungsbild, wie es heute zu besichtigen ist, stammt allerdings aus römischer Zeit.
Yalvaç
Ende des 1. Jh. v. Chr. wurde die Stadt römische Kolonie und blieb es zweihundert Jahre lang. Historische Quellen berichten, dass Antiocheia unter den pisidischen Siedlungen die am stärksten romanisierte war, und dass neben Griechisch, auch Latein Amtssprache war. Antiocheia lag an einem Verkehrsknotenpunkt von Handelswegen, die Anatolien auf einer Nord-Süd- und einer Ost-West-Achse durchschneiden. Diese Lage brachte es in Kontakt mit allen möglichen Kulturen aus nah und fern. Um die Bergbewohner im Taurus besser kontrollieren zu können, wurde in augusteischer Zeit die Via Sebaste gebaut. Antocheia erhielt damit Anschluss an ein großes Wegenetz. Die Straßen, die von hier aus Richtung Süden führen, reichen bis zu den Häfen zu beiden Seiten der Bucht und von dort indirekt zu den Städten jenseits des Meeres.
Auch in der Geschichte des Christentums nimmt Antiocheia einen unumstrittenen Platz ein. Der Apostel Paulus kam auf seiner ersten Missionsreise von Zypern hierher. In der Bibel heißt es: „Von Paphos fuhr Paulus mit seinen Begleitern ab und kam nach Perge in Pamphylien. Johannes aber trennte sich von ihnen und kehrte nach Jerusalem zurück. Sie selbst wanderten von Perge weiter und kamen nach Antiochia in Pisidien.“
In den Jahrhunderten, in denen sich das Christentum ausbreitete, wurde eine nach dem heiligen Paulus benannte Kirche errichtet, die in den vergangenen Jahren bei Ausgrabungen wieder zum Vorschein kam. Seinen Rang als religiöses Zentrum, den der Ort mit dem Besuch des Paulus erhielt, und der im frühen Christentum immer bedeutender wurde, blieb auch in byzantinischer Zeit weiter bestehen.
Von den, bei der noch andauernden Grabung freigelegten Bauten sind besonders sehenswert das Theater, das antike innerstädtische Straßengefüge, die Therme, der Prachtbrunnen, der Augustus-Tempel, das großartige Aquädukt, mit dem das Wasser in die Stadt geleitet wurde, die Basilika und die Stadtmauer, die von herausragendem architektonischem Wert ist.
Einige Kilometer südöstlich von Antiocheia findet man auf dem Gemen Korusu Tepe genannten Hügel einen Kultplatz der dem Men geweiht war, dem Gott des anatolischen Mondkultes, Beschützer der Schwachen und Armen, und die mystischen Kräfte repräsentierend. Der Gemen Korusu Tepe gibt dem Besucher die Gelegenheit mit dem Men-Tempel den weltweit bedeutendsten Anbetungsort dieses Mondkultes zu besichtigen, und zugleich den Eğirdir- und den Beyşehir-See zu sehen, die zu den größten Seen Anatoliens zählen, was vor allem bei Sonnenuntergang ein besonders reizvoller Genuss ist.
Men-Tempel
Das antike Antiocheia, bzw. das heutige Yalvaç, ist eines der wichtigsten Ziele des Tourismusgebietes um Antalya. Seine Natur und sein historischer Rahmen, seine Bedeutung für die Geschichte des Christentums, das moderne Museum, in dem die überragend wertvollen Funde aus den Grabungen in der antiken Stadt ausgestellt werden, die unverfälschte kulturelle Vielfalt, das gut erhaltene Stadtgefüge machen Yalvaç zu einem ganz besonderen Ausflugsziel, das man unbedingt gesehen haben sollte, und das gilt auch für seine Umgebung.
Die Landschaft Pisidien mit seinen vielen Städten, speziell den hier erwähnten, sind untrennbar verbunden mit dem Tourismusgebiet, in dessen Herzen Antalya liegt.